Breitbandausbau: Nationale Regulierungsbehörden sind gefordert – rein marktwirtschaftliche Frequenzpolitik schadet dem Rundfunk

Zur Vorstellung des Maßnahmenpaketes der EU-Kommission zum Breitbandausbau erklären Petra Kammerevert, MdEP, Mitglied im Präsidium der Medienkommission und Martin Dörmann, MdB, Leiter des Gesprächskreises „Digitale Infrastruktur“ der Medienkommission:

Die SPD setzt sich seit langem dafür ein, die Versorgungslücken in der Fläche zügig zu schließen und ganz Deutschland mit schnellen Breitbandverbindungen zu versorgen. Daher begrüßen wir, dass die EU-Kommission mit dem aus drei Teilen bestehenden Maßnahmenpaket stärkere Impulse für den Breitbandausbau setzen will.

Auf der anderen Seite sehen wir mit Sorge, dass die EU-Kommission zunehmend versucht, den Entscheidungsspielraum der nationalen Regulierungsbehörden immer stärker einzuschränken. Dies birgt die Gefahr, dass stärkere Unsicherheit in den Markt kommt, Entscheidungsprozesse verlangsamt und die nationalen Besonderheiten nicht genügend berücksichtigt werden. Beispielsweise legt die Kommission die Grundlage für einen einheitlichen europäischen Frequenzplan, der im Wesentlichen in der Hand der Kommission
ist. Sie soll zukünftig die Frequenznutzung einer fortlaufenden Effizienzprüfung unterziehen, mit dem Ziel, weitere Frequenzspektren für neue Dienste zu öffnen. Dies ist eine Umkehrung der Vereinbarungen im Telekom-Paket, nach dem die Hauptverantwortung bei den Mitgliedstaaten verbleiben sollte.

Zu den drei Bausteinen des Maßnahmenpaketes:

Die in dem Entwurf für ein „Radio Spectrum Policy Program“ vorgesehene Umwidmung der durch die Digitalisierung des Rundfunks frei werdenden Frequenzen im Bereich 790 bis 862 MHz ist in Deutschland bereits verwirklicht. Wir sind hier europaweit in einer Vorreiterrolle. Der Ausbau mobiler Breitbandanwendungen ist notwendig für die schnelle Erschließung „weißer Flecken“ und zur Deckung der stetig wachsenden Nachfrage nach mobilem Internet. Die Prüfung der Nutzung weiteren Spektrums für mobile
Datendienste muss sorgfältig, bedarfsgerecht und im Sinne des fairen Interessenausgleichs erfolgen. Hierbei sind auch die Interessen des Rundfunks und der Bundesländer zu berücksichtigen. Wir sehen mit Sorge, dass die Kommission in ihrem Legislativvorschlag auf eine rein marktbasierte Frequenzpolitik setzt. Der Rundfunk als Nutzer des UHF-Spektrums wird faktisch nicht erwähnt. Damit wird auch die kulturelle Dimension des Rundfunks völlig ignoriert und die vom Europäischen Parlament hart erkämpfte
Möglichkeit, im Sinne von kultureller Vielfalt und Meinungspluralität Ausnahmen von der Dienste- und Technologieneutralität zuzulassen, im Kern ausgehebelt.

Der in der – nicht verbindlichen – Breitband-Mitteilung der Kommission aufgezeigte Ansatz, Investitionskosten für den Ausbau sinnvoll zu fördern und Synergieeffekte durch die gemeinsame Nutzung von Leerrohren zu nutzen, ist zu begrüßen. Auch insofern ist die nationale Ebene entscheidend. Auch unter diesem Gesichtspunkt fordern wir die Bundesregierung auf, die noch in der Großen Koalition auf den Weg gebrachte Breitbandstrategie konsequenter als bisher umzusetzen und im Zusammenwirken mit den
Bundesländern weiter zu entwickeln. Sinnvoll wäre beispielsweise ein besonderes Breitbandförderprogramm bei der KfW.

Im Hinblick auf die Empfehlung der Kommission zur Regulierung von Zugangsnetzen der nächsten Generation (NGA Recommendation) sind in erster Linie die nationalen Regulierungsbehörden gefordert, innerhalb der europarechtlich vorgegebenen Kriterien zu entscheiden. Die vorhandenen Instrumente sollten dabei flexibel und zielgenau genutzt werden. Ziel muss es sein, einerseits Wettbewerb sicherzustellen, dabei aber gleichzeitig genügend Anreize für die notwenigen Milliardeninvestitionen der Unternehmen zu
setzen – etwa durch größere Planungssicherheit, klare Rahmenbedingungen für Kooperationen und die Ermöglichung ausreichender Renditen. Hier ist von der Bundesnetzagentur Fingerspitzengefühl und eine investitionsorientierte Strategie gefragt.

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