Streitfall Selbstanzeige: Fragwuerdiger Kompromiss zwischen den Koalitionaeren
Zur heutigen abschliessenden Beratung des Gesetzentwurfs eines Schwarzgeldbekaempfungsgesetzes von CDU/CSU und FDP im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages erklaeren die finanzpolitische Sprecherin Nicolette Kressl und der zustaendige Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion Martin Gerster:
Die Neuregelung der strafbefreienden Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung ueberzeugt weder politisch noch fachlich.
Trotz Aenderungen bleibt der Gesetzentwurf handwerklich mangelhaft und vor allem weitgehend wirkungslos hinsichtlich der vollmundig angepriesenen „zielgenauen Bekaempfung der schwerkriminellen Steuerhinterziehung“. Der muehsam erzielte Koalitionskompromiss dient weder der Foerderung der Steuerehrlichkeit, noch garantiert er einen effizienteren Steuervollzug oder gar mehr Steuergerechtigkeit.
Ein Jahr lang wurde in Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung kontrovers ueber Paragraf 371 Abgabenordnung diskutiert. Die SPD forderte seine Abschaffung, die Union die Offenlegung aller begangenen Steuerstraftaten und die Laender schlugen zahlreiche Aenderungen vor, waehrend FDP und Bundesregierung kaum verhohlen die Notwendigkeit einer Verschaerfung der geltenden Rechtslage verneinten. Die heute im Finanzausschuss beschlossene Regelung ueberdeckt notduerftig die gegensaetzlichen Standpunkte der Koalitionsfraktionen.
Ihren Streit ueber die Neuregelung, namentlich den Strafzuschlag, trugen die Koalitionaere in der Oeffentlichkeit aus. Damit letztlich niemand als Verlierer dasteht, musste – ungeachtet der gravierenden fachlichen Kritik der Sachverstaendigen am Gesetzentwurf – nach der Anhoerung des Finanzausschusses ein politisch tragbarer Kompromiss gefunden werden. Der von CDU/CSU medienwirksam propagierte Anspruch auf vollstaendige Rueckkehr der Straftaeter in die Steuerehrlichkeit wurde dabei aufgegeben. Abgeschafft wird die Straffreiheit fuer Steuerhinterziehungen ueber 50.000 Euro. Der Straftaeter hat es in diesen Faellen kuenftig aber selbst in der Hand, die Strafverfolgung durch die „freiwillige“ Zahlung eines fuenfprozentigen Zuschlages auf die geschuldete Steuer zu verhindern. Vermoegende Steuerhinterzieher koennen sich ihre Straffreiheit somit erkaufen.
Entscheidende fachliche Unzulaenglichkeiten des Gesetzentwurfs, auf die die Sachverstaendigen im Zuge der Beratungen fruehzeitig und nachdruecklich hinwiesen, wurden nicht korrigiert. Diese Defizite werden die kuenftige Arbeit der Steuerbehoerden erheblich erschweren und schaden letztlich der angestrebten Rechtssicherheit.
Wenn die schwarz-gelbe Koalition es ernst meinte mit der Bekaempfung der Steuerhinterziehung, muesste sie konsequenterweise die Vorschlaege der SPD zur Erhoehung des Entdeckungsrisikos aufgreifen und das Instrument der strafbefreienden Selbstanzeige nach einer kurzen Uebergangsfrist abschaffen.
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