Aktuelle „Rote Listen“ für Thüringen: 40 Prozent der Arten gelten als gefährdet

Erfurt (pressrelations) –

Aktuelle „Rote Listen“ für Thüringen: 40 Prozent der Arten gelten als gefährdet

Reinholz: „Bis 2020 die Hälfte aller vom Aussterben bedrohten Arten retten“

In Thüringen gelten derzeit 40,8 Prozent der Tier- und Pflanzenarten sowie 51,2 Prozent der heimischen Pflanzengesellschaften als gefährdet. Das geht aus den aktuellen Roten Listen des Freistaats hervor. „Trotz einiger positiver Entwicklungen bleiben die Zahlen alarmierend. Deshalb muss es unser Ziel sein, bis 2020 mindestens die Hälfte aller in Thüringen vom Aussterben bedrohten Arten zu retten, so wie es unsere Biodiversitäts-strategie vorsieht. Dazu brauchen wir das Engagement aller“, sagte Umweltminister Jürgen Reinholz heute anlässlich der Vorstellung der Roten Listen.
Zwei Drittel der untersuchten Tier- und Pflanzengruppen weisen heute weniger gefährdete Arten auf als im Jahr 2001, so zum Beispiel Vögel, Libellen und Heuschrecken. Dagegen finden die Experten bei einem Viertel der Gruppen, wie bei Farn- und Blütenpflanzen, deutlich mehr gefährdete Arten als 2001 (plus 12,3 Prozent). Manche Bestände wie die der Fledermausart Kleine Hufeisennase haben sich dank intensiver Schutzbemühungen leicht stabilisiert.
Die Roten Listen werden alle zehn Jahre im Auftrag des Freistaats unter Federführung der Landesanstalt für Umwelt und Geologie für verschiedene Artengruppen erarbeitet. Für die aktuelle Fassung wurden knapp 17.000 Arten untersucht und nach bundesweit einheitlichen Kriterien in Gefährdungsklassen eingestuft. Die nötigen Daten wurden von hunderten, größtenteils ehrenamtlich tätigen Fachleuten erhoben.
Die im Oktober 2011 beschlossene Thüringer Strategie zur Erhaltung der biologischen Vielfalt hat das Ziel gesetzt, bis zum Erscheinen der nächsten Roten Listen im Jahr 2020 mindestens die Hälfte der heute vom Aussterben bedrohten Arten in ihren Beständen zu sichern. Dazu sind unter anderem Projekte des Arten- und Lebensraumschutzes und Förderprogramme für bedrohte Arten der Agrarlandschaft vorgesehen.

Anne Holl
Stellv. Pressesprecherin
Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Naturschutz und Umwelt
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Beethovenstraße 3
99096 Erfurt
Tel.: 0361/3799 922
Fax: 0361/3799 939
e-mail: poststelle@tmlfun.thueringen.de

Hintergrund:
Thüringen verfügt auf nur 4,5 Prozent der Fläche Deutschlands über eine herausragende biologische Vielfalt, kurz Biodiversität. Mehr als zwei Drittel der in Deutschland heimischen Tier- und Pflanzenarten kommen hier in Thüringen vor. Für einige der Arten trägt der Freistaat eine besondere Erhaltungsverantwortung, da das Hauptvorkommensgebiet dieser Arten in Thüringen liegt.
Rote Listen dokumentieren die Entwicklung von gefährdeten Arten und Lebensräumen. Sie werden landes-, bundes- und weltweit erhoben. Sie sind Alarmsignale, mit denen auf die kritische Lage von Arten und Lebensräumen aufmerksam gemacht werden kann. Sie sind außerdem wichtig, weil sie

  • als Argumentations- und Entscheidungshilfen für umwelt- und raumrelevante Planungen herangezogen werden
  • den notwendigen Handlungsbedarf im Naturschutz aufzeigen (Grundlage für Arten- und Biotopschutzmaßnahmen sowie für Artenhilfsprogramme)
  • auf den Erfolg von Naturschutzmaßnahmen schließen lassen
  • künftige Forschungen anregen und
  • Behörden und der Öffentlichkeit als Informationsquelle über die Gefährdungssituation der Arten dienen.

Für die Roten Listen Thüringens 2011 wurden 16.814 Arten, 686 Pflanzengesellschaften und 76 Biotoptypen auf ihre Gefährdung hin untersucht. Erstmals wurde hierbei nach der 2006 durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) vorgeschlagenen Methodik gearbeitet. Ein Teil der Unterschiede in der Gefährdung zwischen 2001 und 2011 ist daher auf die Änderungen in der Methodik zurückzuführen. Die folgenden Beispiele Thüringer Tierarten beruhen auf tatsächlichen Änderungen der Bestände:
Beispiele für Bestandsentwicklungen einzelner Arten in Thüringen:

Art Gefährdung 2001 Gefährdung 2011 Grund der Veränderung
Positive Entwicklungen
Fischotter (Säugetiere) Kategorie 1 (ausgestorben) Kategorie 2 (stark gefährdet) verbesserte Fließgewässerqualität, artenreichere Jagdbiotope
Kleine Hufeisennase
(Säugetiere, Fledermaus) Kategorie 1
(vom Aussterben bedroht) Kategorie 2 (stark gefährdet) Intensive Schutzbemühungen des amtlichen und ehrenamtlichen Naturschutzes
Uhu
(Vögel) Kategorie 2 (stark gefährdet) nicht mehr gefährdet Naturschutzmaßnahmen
Negative Entwicklungen
Sumpfspitzmaus (Säugetiere) Kategorie 2 (stark gefährdet) Kategorie 1 (vom Aussterben bedroht) Weidewirtschaft und Umbruch von feuchten/nassen Grünlandstandorten in Mittelgebirgslagen
Großer Brachvogel (Vögel) Kategorie 1 (vom Aussterben bedroht) Kategorie 0 (ausgestorben) Intensivierung der Landwirtschaft, Flächenzerschneidung durch Infrastrukturprojekte