Europaeischer Gerichtshof macht ernst mit Gleichbehandlung auch bei Kuendigungsfristen
Der Europaeische Gerichtshof hat entschieden, dass die Regelung zu den Kuendigungsfristen im Arbeitsrecht gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters verstoesst. Hierzu erklaert die arbeits- und sozialpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion Anette Kramme:
Der Europaeische Gerichtshof (EuGH) hat mit seinem Urteil zur Beruecksichtigung der Beschaeftigungszeiten vor dem 25. Lebensjahr fuer die Laenge der Kuendigungsfristen die Weichen richtig gestellt. Nach Auffassung des EuGH gibt es keine sachlichen Gruende fuer eine abweichende Regelung im Buergerlichen Gesetzbuch (BGB). Die Regelung verstoesst daher gegen das Diskriminierungsverbot aus Gruenden des Alters.
Spannend ist nun, ob sich die Union an das Versprechen der Bundeskanzlerin halten wird, wonach der Kuendigungsschutz nicht angetastet werden soll, oder ob sich nun die Geschichte wiederholt und wie bereits 1993 zu einer generellen Verkuerzung der Kuendigungsfristen fuehrt. Wir fordern die Arbeitsministerin auf, unverzueglich eine europarechtskonforme gesetzliche Regelung vorzulegen, die die Beschaeftigungszeiten auch von unter 25-Jaehrigen beruecksichtigt. Die SPD sieht sich durch die EuGH Entscheidung in ihrer bereits vor 17 Jahren gestellten Forderung zur Gleichbehandlung Juengerer bei Kuendigungsfristen bestaetigt.
Bereits das Bundesverfassungsgericht hatte Anfang der 90er Jahre die unterschiedlichen Kuendigungsfristen fuer Arbeiter und Angestellte fuer verfassungswidrig erklaert. Die damalige schwarz-gelbe Koalition hatte daraufhin mit dem Kuendigungsfristengesetz 1993 eine Vereinheitlichung herbeigefuehrt. Die Aenderung hatte sich nicht an dem hoeheren Angestelltenniveau orientiert, sondern die Fristen der Angestellten wurden gekuerzt. Darueberhinaus wurde der Paragraf 622 BGB tarifdispositiv gestellt. Sachliche Gruende fuer die Nichtberuecksichtigung der Betriebszugehoerigkeit der Jahre unter dem 25. Lebensjahr fuer die Laenge der Kuendigungsfristen gab es auch zu diesem Zeitpunkt nicht.
Die jetzt generell von Arbeitgeberverbaenden und Teilen der schwarz-gelben Regierungskoalition vorgebrachten Argumente gegen den Kuendigungsschutz lassen nichts Gutes erwarten und sind bekannt: vermeintlich hohe Kosten, abschreckende psychologische Wirkung, zu kompliziert, unkalkulierbare Risiken fuer die Arbeitgeber und so weiter. All diese Behauptungen sind bislang ohne empirischen Beweis: Es gibt keinen nennenswerten Zusammenhang zwischen den Regulierungen durch das Arbeitsrecht und dem Beschaeftigungserfolg einer Volkswirtschaft.
Fuer uns ist der Kuendigungsschutz mehr als nur ein oekonomischer Wert oder ein betrieblicher Kostenfaktor. Nach einer aktuellen Umfrage der Hans-Boeckler-Stiftung sprechen sich 80 Prozent der Bevoelkerung fuer einen starken Kuendigungsschutz aus. Der Kuendigungsschutz gibt auch den juengeren Beschaeftigten, Sicherheit und Planungsmoeglichkeiten. Deshalb wollen wir ein wirkungsvolles Kuendigungsrecht, damit Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz moeglichst behalten.
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