Luftsicherungsgesetz
Joachim Herrmann: „Luftsicherheitsgesetz verstößt bei Luftabwehr gegen das Grundgesetz ? Klarstellung aus Karlsruhe notwendig ? Einsatz der Bundeswehr auch zum Schutz ziviler Objekte ermöglichen“
„Die Regelungen im Luftsicherheitsgesetz zur Luftabwehr haben keine ausreichende verfassungsrechtliche Grundlage. Sie verstoßen gegen das Grundgesetz und sind verfassungswidrig. Unser Normenkontrollantrag beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wird hier die erforderliche Klarstellung bringen. Wir fordern eine Grundgesetzänderung, die sich nicht auf Minimalregelungen beschränken darf. Vielmehr müssen wir auch den Einsatz der Bundeswehr zum Schutz ziviler Objekte bereits bei terroristischen Bedrohungen sowie bei Angriffen von See her regeln. Richtschnur muss der Gesetzesantrag sein, den Bayern bereits Anfang 2004 in den Bundesrat eingebracht hat“, sagte Innenminister Joachim Herrmann zur mündlichen Verhandlung beim Bundesverfassungsgericht über das Luftsicherheitsgesetz. Bayern und Hessen haben gegen das Gesetz einen Normenkontrollantrag beim Bundesverfassungsgericht gestellt, über den heute verhandelt worden ist.
Das Luftsicherheitsgesetz wurde im Jahr 2004 vor dem Hintergrund möglicher terroristischer Angriffe mit Luftfahrzeugen (Anschlag World Trade Center 2001, Sportflugzeug Frankfurter Bankenviertel Anfang 2003) mit der damaligen rot-grünen Mehrheit im Bundestag und ohne Zustimmung des Bundesrats verabschiedet. Die Abgeordneten von CDU/CSU, der FDP und die fraktionslosen Abgeordneten stimmten gegen den Gesetzentwurf. Streitpunkt war vor allem, ob der Einsatz der Streitkräfte zur Luftabwehr in den Bestimmungen des Grundgesetzes über die Amtshilfe (Art. 35 Abs. 2, 3 Grundgesetz) eine ausreichende verfassungsrechtliche Grundlage findet.
Im Jahr 2006 hatte der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts bereits die Regelung im Luftsicherheitsgesetz über die unmittelbare Einwirkung auf ein Flugzeug mit Waffengewalt („Abschusserlaubnis“) für verfassungswidrig und nichtig erklärt. Neben dem Grundrecht auf Leben stützte das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung vor allem auch darauf, dass die Amtshilferegelungen des Grundgesetzes nicht den Einsatz spezifisch militärischer Mittel erlauben würden. Herrmann: „Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 2006 stützt die Argumentation unseres Normenkontrollantrags in vollem Umfang. Für mich ist aber klar: Wir können auf den Einsatz der Streitkräfte zur Abwehr von Gefahren aus der Luft nicht verzichten. Polizeihubschrauber sind zur Luftabwehr nicht geeignet. Die Handelnden brauchen hier eindeutige und zweifelsfreie Regelungen. Es ist keinem Bundeswehrpiloten zuzumuten, dass er ohne gesicherte Rechtsgrundlage ein Flugzeug abdrängt oder gar Warnsch!
sse abgibt. Daher muss das Grundgesetz schleunigst geändert werden.“ Im Oktober 2008 habe es bereits eine Einigung mit der SPD über eine Grundgesetzänderung im Koalitionsausschuss der damaligen Bundesregierung gegeben. Die Einigung wurde dann aber von der SPD-Bundestagsfraktion abgelehnt. „Mit der damaligen Einigung hätte sich der Normenkontrollantrag Bayerns gegen das Luftsicherheitsgesetz in der Sache eigentlich erledigt. Der Zick-Zack-Kurs in der SPD hat eine politische Lösung aber vereitelt. Jetzt muss Karlsruhe entscheiden“, so der Innenminister.
Herrmann betonte, dass bei der erforderlichen Grundgesetzänderung der Einsatz der Bundeswehr im Inland umfassend geregelt werden müsse. Der Gesetzesantrag, den Bayern bereits Anfang 2004 gemeinsam mit Hessen, Sachsen und Thüringen in den Bundesrat eingebracht habe, sei hier wegweisend: „Über Luftabwehrmaßnahmen bei terroristischen Angriffen hinaus müssen wir dafür sorgen, dass die Bundeswehr bereits bei terroristischen Bedrohungen wichtige Infrastruktureinrichtungen wie Flughäfen oder Bahnhöfe schützen kann, wenn hierfür keine ausreichenden Polizeikräfte zur Verfügung stehen. Ich kann nicht verstehen, weshalb dies der Bundeswehr auf der ganzen Welt bei internationalen Einsätzen gestattet ist, nicht aber in Deutschland selbst. Hierfür gibt es auch überhaupt keinen plausiblen Grund. Vielmehr ist es grob fahrlässig, wenn wir zum Schutz unseres Landes nicht alle Möglichkeiten ausschöpfen dürfen. Wir haben bei der Polizei niemanden, der Raketenangriffe von Ter!
roristen abwehren könnte. Ein umfassendes Sicherheitskonzept für Deutschland muss die Bundeswehr unbedingt mit einbeziehen und vor allem auch ihre speziellen personellen und technischen Fähigkeiten nutzen.“ Des Weiteren müsse bei der erforderlichen Grundgesetzänderung auch die Abwehr terroristischer Angriffe durch die Bundeswehr von See her geregelt werden. Hier bestünde eine Schutzlücke, obwohl die Interessenlage gleich sei wie bei der Abwehr von terroristischen Angriffen aus der Luft.
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