Neuartige ORC-Expansionsmaschine in Entwicklung
Strom aus Niedertemperaturwärme
Mit einer neuen Technologie könnten zukünftig Abwärmeströme auf einem Temperaturniveau zwischen 200 und 500 Grad Celsius weit häufiger als bisher effizient zur Stromerzeugung genutzt werden. Mit Unterstützung des Bundeswirtschaftsministeriums entwickelt die DEVETEC GmbH ein modular erweiterbares System. Arbeitsmittel sind, wie bei den bekannten ORC-Kraftwerken, organische Flüssigkeiten mit niedrigem Siedepunkt. Im Unterschied dazu kommen jedoch neu entwickelte Expansionsmaschinen statt Turbinen oder Schraubenmotoren zum Einsatz. Eine Pilotanlage ist bereits in einem saarländischen Kraftwerk in Verbindung mit einem Grubengasmotor in Erprobung.
Der Dampfexpansionsmotor zeichnet sich dadurch aus, dass er mit einem System- und Motorenkonzept, für verschiedene Temperaturbereiche und verschiedene ORC-Medien nutzbar ist. Durch die vergleichsweise Einfachheit der Anlagentechnik benötigt er deutlich weniger Bauteile als am Markt existierende Lösungen. Dadurch lässt sich eine ORC-Anlage kostengünstiger herstellen und man kann neue Markt- und Anwendungsfelder erschließen und ökonomisch rentabel Anlagen betreiben. Das Entwicklerteam verspricht auch eine hohe Effizienz. „Je nach Prozesstemperatur lässt sich ein Wirkungsgrad von bis zu 20% erreichen“, erläutert der Geschäftsführer der DEVETEC GmbH, Joachim Meyer. Die Leistung der einzelnen Module beträgt zwischen 100 und 200 kW. Das Einsatzkonzept sieht vor, einzelne Module bis zur benötigten Leistung zu kombinieren.
Wärmeströme auf niedrigem Temperaturniveau gibt es reichlich, so z. B. aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, Härtereien, Gießereien, Papiererzeugung, Großbäckereien oder der Stahlveredelung. Auch die Geothermie und Solarthermie stellen eine nutzbare Wärmequelle zur Verstromung zur Verfügung, sobald entsprechende Temperaturniveaus erreicht werden. Zunehmend werden diese Wärmeströme in Wärmenetzen genutzt. Oftmals fehlt es aber an der entsprechenden Infrastruktur oder im Sommer an Abnehmern. Im schlimmsten Fall wird die Abwärme z. B. durch Kühltürme aktiv vernichtet.
Ausblick
Bis zur Serienreife sind noch einige Entwicklungsschritte nötig. Erfahrungen mit Prototypen und aus der Erprobung in einer Pilotanlage sollen für die Weiterentwicklung zu serienreifen Produkten genutzt werden. Das Projektteam erstrebt den Abschluss der Forschungsarbeiten bis Ende 2013. „Die Maschinen sollen als modulare Anlagen für verschiedene Leistungsklassen verfügbar sein“, so Meyer. „Aufgrund der niedrigen Modulkosten und einem mehr als 60% höhereren Gesamtwirkungsgrad gegenüber vergleichbaren Turbinenlösungen, erwarten wir Pay-Back-Zeiten von vier bis fünf Jahren.“ Als Zielmarkt für die ORC-Expansionsmaschine sieht Meyer Energie-Contracting-Unternehmen und Hersteller von Bio-, Deponie- und Gruppengas-Anlagen sowie anderer alternativer Energieerzeugungssysteme und energieintensive Industrieunternehmen.
Zum Hintergrund: ORC-Kraftwerke
Im Wesentlichen gleicht das Prinzip eines ORC-Prozesses dem eines konventionellen Dampfkraftwerks:
Eine Wärmequelle verdampft ein Medium und erzeugt damit einen Dampfdruck, der in einer Verdrängermaschine Arbeit verrichtet. Der dabei entspannte Dampf wird in einem Kondensator verflüssigt und mit einer Speisepumpe wieder dem Wärmetauscher zugeführt, der dann wieder die Wärmeenergie der Wärmequelle auf das Fluid überträgt.
Entscheidender Unterschied zu konventionellen Kraftwerken ist, dass statt Wasser ein organisches Fluid (z.B. Ethanol) mit sehr niedriger Verdampfungstemperatur eingesetzt wird. Somit können aktuell Wärmeströme ab ca. 200 °C effizient genutzt werden.
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