WESTERWELLE-Interview für die „Rheinische Post“ Berlin. Der FDP-Partei- und -Fraktionsvorsitzende DR. GUIDO WESTERWELLE gab der „Rheinischen Post“ (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten GREGOR MAYNTZ und MICHAEL BRÖCKER

fdp_logo_112x98 WESTERWELLE-Interview für die „Rheinische Post“ Berlin. Der FDP-Partei- und -Fraktionsvorsitzende DR. GUIDO WESTERWELLE gab der „Rheinischen Post“ (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten GREGOR MAYNTZ und MICHAEL BRÖCKER

(BSOZD.com-NEWS) Berlin. Der FDP-Partei- und -Fraktionsvorsitzende DR. GUIDO WESTERWELLE gab der „Rheinischen Post“ (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten GREGOR MAYNTZ und MICHAEL BRÖCKER:

Frage: Müssen in dieser Finanzkrise nicht alle in Sack und Asche gehen, die sich programmatisch für das freie Spiel der Kräfte einsetzen?

WESTERWELLE: Wir sind Anhänger einer sozialen Marktwirtschaft und einer vernünftigen Ordnungspolitik. Wir wollen also einen Ordnungsrahmen, innerhalb dessen die Gesellschaft frei und fair arbeiten kann.

Frage: Sind Sie nicht in der Vergangenheit stets für weniger statt für mehr Reglementierung eingetreten?

WESTERWELLE: Wir sind für weniger Bürokratie eingetreten, und das wird auch so bleiben. Wir beklagen seit langem, dass sich der fette Staat an der falschen Stelle abarbeitet.

Frage: Union und SPD sagen, es sei ein Glücksfall, dass es jetzt gerade die große Koalition gebe.

WESTERWELLE: Jede Regierung lobt sich, gleich wer regiert. Die FDP hat sich in diesen schweren Zeiten als regierungsfähig bewiesen, weil wir im Unterschied zu Linken und Grünen nicht in einen Oppositionsreflex verfallen sind, sondern ein sehr schwieriges Maßnahmenpaket nach nächtelangen Verhandlungen mit Union und SPD unterstützt haben. Die drei größten Fraktionen Union, SPD und FDP sind sich ihrer staatspolitischen Verantwortung bewusst gewesen. Von den Linken hatte ich nichts anderes erwartet, aber dass die Grünen, die doch immerhin sieben Jahre mit regiert haben, hier ausfallen, das werden sich manche merken.

Frage: Werden Sie einen Untersuchungsausschuss zur Finanzkrise machen?

WESTERWELLE: So eine Frage besprechen wir nicht nach einer schlaflosen Woche, in der wir fieberhaft daran gearbeitet haben, dass sich im Interesse aller Bürger das Finanzsystem wieder stabilisiert. Über mögliche Fehler beim Krisenmanagement werden wir in Ruhe beraten, auch unter dem Gesichtspunkt, was der Stabilisierung nutzt und was ihr schadet.

Frage: Hören wir da raus, dass Sie den IKB-Untersuchungsausschuss lieber nicht hätten?

WESTERWELLE: Das ist eine Überinterpretation. Hier ist nichts entschieden.

Frage: Was erwarten Sie von den Bankern? Mehr Einsatz? Mehr Reflexion? Mehr Selbstkritik?

WESTERWELLE: Von einigen schon. Auf andere bin ich regelrecht stolz. Tausende bei Sparkassen, Genossenschaften und auch privaten Banken haben ganz solide gearbeitet.

Frage: Aber müsste nicht der Bankenverband sagen: Wir beteiligen uns an der Aufarbeitung dessen, was passiert ist?

WESTERWELLE: Dem stimme ich nachdrücklich zu. Aber das darf kein von der Politik eingefordertes Lippenbekenntnis sein, das muss aus sich selbst heraus entstehen, damit es wirklich etwas bewegt. Wir müssen im europäischen Zusammenhang darauf reagieren, wenn wir nicht in zwei Jahren in der nächsten Krise stecken wollen.

Frage: Horst Köhler hat vor Monaten vor den Finanzmärkten als „Monster“ gewarnt. Hätte man mehr auf ihn hören müssen?

WESTERWELLE: Wir haben vor sechs Jahren eine bessere Bankenkontrolle angemahnt und davor gewarnt, dass es mit diesen Kontrollverhinderungsstrukturen bei der Bundesanstalt BaFin, dem Finanzministerium und der Bundesbank schief gehen wird. Eine BaFin, die mit 1600 Mitarbeitern jede Sparkassenfiliale unter die Lupe nimmt, aber ein weltweit operierendes DAX-Unternehmen nicht ordentlich beaufsichtigt, ist eine Fehlkonstruktion. Und dass Professor Köhler viel von der Sache versteht, stimmt.

Frage: Wie bewerten Sie das Krisenmanagement der Regierung?

WESTERWELLE: Da ist vieles falsch gelaufen. Die „Berufung“ von Herrn Tietmeyer als Experten, die schon am Mittag wieder zurückgezogen werden musste, weil sich die SPD übergangen fühlte, das ist kein Krisenmanagement. Und dass die Regierung Zeit für Dutzende Interviews hatte, aber nicht für Gespräche mit den Ministerpräsidenten, das hat die Verhandlungen erheblich erschwert. Und es hat das Vertrauen erschüttert, dass die Regierung noch am Mittwoch sagt, die Depfa in Irland könne nicht überprüft werden, und dann erfahren wir, dass sie doch überprüft worden ist.

Frage: Die SPD hat Frank-Walter Steinmeier mit großer Mehrheit zum Kanzlerkandidaten gekürt. Ist die SPD doch ein möglicher Koalitionspartner?

WESTERWELLE: Die Gemeinsamkeiten mit der Union sind immer noch größer als mit SPD und Grünen. Die SPD hat am Kurs nichts geändert. Sie sagt, sie will nicht mit der Linkspartei und arbeitet in einem Bundesland nach dem anderen, ja sogar in der Bundesversammlung, an einem solchen Bündnis. Das macht die neue SPD-Spitze nicht gerade glaubwürdiger.

Frage: Sie sprechen mit der SPD-Präsidentschaftskandidatin Gesine Schwan. Sprechen Sie auch mit dem Linken-Kandidaten Peter Sodann?

WESTERWELLE: Wir haben uns bereits einstimmig für die Wiederwahl unseres hoch angesehenen Präsidenten Horst Köhler ausgesprochen. Trotzdem werden wir mit Frau Schwan diskutieren, zumal wir sie schon vor ihrer Kandidatur zu unserem Zukunftsforum eingeladen hatten. Aber Frau Schwan ist für uns keine Alternative zu Professor Köhler. Herr Sodann sagt, was wir heute haben, sei keine Demokratie. Das ist exakt dasselbe, was die NPD sagt. Da zeigt sich, dass Linksaußen und Rechtsaußen Brüder im Geiste sind. Herr Sodann mag ein interessanter Tatort-Kommissar sein, aber das Zeug zum Bundespräsidenten hat er nicht.

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