Greenpeace: Studie zu Endlagerstandort Gorleben „einseitig beschoenigend“ und „manipulativ“/Autor Tiggemann morgen vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags

Hannover, 29. 9. 2010 – Greenpeace bewertet eine Studie des Historikers
Anselm Tiggemann zur Auswahl des niedersaechsischen Endlagerstandortes
Gorleben als „einseitig beschoenigend“ und „schleichend manipulativ“. Der
Autor wird morgen als Zeuge im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des
Bundestags zu Gorleben aussagen. Tiggemann hatte die Studie fuer das
niedersaechsische Umweltministerium im Mai diesen Jahres erstellt.
Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) behauptete daraufhin, Gorleben
sei in einem korrekten Verfahren ausgewaehlt worden. Greenpeace fordert
erneut, den Endlagerstandort Gorleben endgueltig aufzugeben.

„Das Gutachten widerlegt sich selbst“, sagt Mathias Edler, Atomexperte von
Greenpeace. „Steht der Wissenschaftler Tiggemann tatsaechlich hinter diesen
Aussagen oder fuehrte ihm das niedersaechische Umweltministerium den Stift?
Als Historiker macht sich Tiggemann mit dieser Studie unglaubwuerdig.“

Die 100 Seiten starke Studie verschweigt keinen einzigen Fakt, keine
negative Quelle und keine kritische Aussage zu Gorleben. Jedoch wird jede
Kritik in die 500 Fussnoten verbannt oder verharmlost. Positive Aussagen
hingegen werden ueberbewertet. So kommt Tiggemann schliesslich zum Schluss,
das Auswahlverfahren in Gorleben sei „legitim, sachgerecht und ueblich“
gewesen (Schlusskapitel, S. 98). Ein Fazit, dem die von Tiggemann selbst
aufgezaehlten Fakten jedoch widersprechen. „Wurde das bewertende
Schlusskapitel von Tiggemann selbst verfasst oder ist es unter dem Druck
des Auftraggebers entstanden?“, fragt Mathias Edler.

Am augenfaelligsten wird die Vorgehensweise in einer Gewichtung der
Auswahlkriterien nach Prozent. Tiggemann kommt zu dem Ergebnis, die Auswahl
Gorlebens sei zu 73 Prozent nach Sicherheits- und Umweltkriterien erfolgt.
Bei genauem Blick auf die Zahlen erweisen sich aber nur 13 Prozent dieser
Sicherheits- und Umweltkriterien als solche fuer ein Endlager. Zu 60
Prozent beziehen sich die Kriterien auf eine damals in Gorleben geplante
Wiederaufbereitungsanlage. Diese wurde 1979 aus dem Konzept gestrichen.

Auch an anderer Stelle verstrickt sich Tiggemann in Widersprueche. So will
er erklaeren, warum Gorleben zunaechst gar nicht als Endlagerstandort auf
den Listen stand. Grund dafuer sei die Lage Gorlebens in einem „Ferien- und
Erholungsgebiet“ (S. 13) gewesen. Der Ort sei daher erst nicht in Betracht
gezogen worden. Allerdings steht auf derselben Liste der Standort Lutterloh
auf Platz zwei. Lutterloh liegt ebenfalls in einem Ferien- und
Erholungsgebiet. Dass Gorleben laut beteiligtem Geologen Prof. Gerd Luettig
aus geologischen Gruenden nicht beruecksichtigt wurde, steht hingegen nur
beilaeufig in einer Fussnote und wird nicht weiter verfolgt.

„Die Studie besteht aus Verdraengen und Schoenreden“, so Edler. „Das
Umweltministerium braucht den Anschein, Gorleben sei nicht aus politischen
Gruenden ausgewaehlt worden, sondern aus einem korrekten Auswahlverfahren
hervorgegangen. Diese Studie gaukelt Gorleben als Loesung fuer die
Endlagerfrage nur vor.“

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