Manfred Zöllmer: EU-Plaene zu Leerverkaeufen unterhoehlen nationales Recht

Zu den Plaenen der EU-Kommission riskante Boersenspekulationen
weiter einzuschraenken erklaert der zustaendige Berichterstatter
der SPD-Bundestagsfraktion Manfred Zoellmer:

Die EU will Spekulationen mit bestimmten Finanzprodukten weiter
einschraenken und setzt damit Beschluesse der G20 um. Die
vorgestellten Plaene gehen jedoch nicht weit genug und
unterwandern das gerade neu geschaffene gesetzliche Verbot von
Leerverkaeufen in Deutschland.

Richtigerweise werden in dem EU-Gesetz neue Regeln zu
Derivategeschaeften vorgeschlagen. Mit diesen Termingeschaeften,
bei denen mit dem zukuenftigen Wert einer Ware oder eines
Finanzgeschaefts gehandelt wird, wird an den Boersen heftig
spekuliert. Laut EU-Kommission umfasste der Derivatemarkt Ende
2009 ausstehende Positionen von ueber 600 Billionen Euro. Ein
grosses Problem ist, dass der ueberwiegende Teil dieser
Geschaefte nicht oeffentlich an den Boersen gehandelt werden,
sondern „ueber den Ladentisch“ – „over the counter (kurz: OTC).
Dabei werden Konditionen ausgehandelt, von denen die
Finanzmarktaufsicht nichts weiss und erfaehrt.

Mit dem neuen EU-Gesetz sollen solche Derivategeschaefte einer
sogenannten Clearingstelle gemeldet werden. Dies sollen zwar
Privatunternehmen sein, aber die zum 1. Januar 2011 neu
entstehende EU-Finanzaufsichtsbehoerde wird auf die erhobenen
Daten Zugriff haben. Damit gewinnt die Finanzaufsicht zumindest
eine bessere Uebersicht und es kann verhindert werden, dass
einzelne Finanzmarktakteure unbemerkt Risikopositionen
anhaeufen. Die Haendler muessen ferner genuegendes Eigenkapital
aufweisen und „lauteren Geschaeftspraktiken“ folgen.

Hinsichtlich der Leerverkaeufe springt die EU aber zu kurz. Die
Leerverkaeufe, bei denen sich Investoren Aktien oder Anleihen
leihen um sie zu verkaufen und darauf hoffen, dass sie vor der
faelligen Rueckgabe preiswerter eingekauft werden koennen, haben
in Teilen die weltweite Finanzkrise verschaerft und die Talfahrt
von Bankaktien begruendet, so dass einige an den Rand einer
Pleite gerieten.

Die EU plant, dass Leerverkaeufe zunaechst fuer drei Monate
verboten werden koennen. Diese Regelung ist zu weich. Wir haben
in Deutschland vor kurzem das unbefristete Verbot von
ungedeckten Leerverkaeufen beschlossen. Dies muesste dann wieder
aufgehoben werden und Deutschland muesste dann alle drei Monate
pruefen, ob es noch gerechtfertigt ist.

Es ist zwar richtig, wenn die EU-Kommission sich um einheitliche
Regulierung bemueht, aber diese neue Regelung ist zu kurz
gesprungen und nicht zu akzeptieren. Das vorgeschlagene
EU-Gesetz muss vom Rat der 27 Regierungen und dem
Europaparlament verabschiedet werden. Es braucht eine intensive
Diskussion zur Beschraenkung von Spekulationen, aber die
genannte Regelung muss verschaerft werden.

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