Zum vom Bundesministerium fuer Finanzen veroeffentlichten
Forschungsgutachten zur ermaessigten Umsatzbesteuerung erklaert
die finanzpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion
Nicolette Kressl:
Forderungen nach einer Ausdehnung der ermaessigten
Umsatzbesteuerung in Deutschland auf weitere Produkte oder
Dienstleistungen kennt jeder Politiker. Doch die Befuerworter
derartiger Steuerermaessigungen bleiben durchgaengig den
Nachweis schuldig, dass ihre sozial- oder wirtschaftspolitischen
Foerderziele so erreicht werden. Gleichzeitig zeigen sich
mittlerweile alle Parteien unzufrieden mit dem aktuellen
Anwendungsbereich des ermaessigten Umsatzsteuersatzes. Die
zustaendigen Berichterstatter der im Deutschen Bundestag
vertretenen Fraktionen initiierten deshalb in der letzten
Legislaturperiode ein diesbezuegliches Forschungsprojekt des
Bundesministeriums der Finanzen.
Das mit mehrmonatiger Verzoegerung gestern vorgelegte Gutachten
empfiehlt eine Beschraenkung des ermaessigten Umsatzsteuersatzes
auf die Lieferung von Lebensmitteln. Ob sich die Vorschlaege der
Wissenschaftler – wie Finanzpolitiker der Bundestagsfraktionen
von Union und FDP vorschnell behaupten – fuer eine grundlegende
Reform der Umsatzbesteuerung in Deutschland eignen, bedarf einer
eingehenden Analyse. Ein akademisch ueberzeugendes Steuerkonzept
laesst sich vergleichsweise einfach formulieren. Doch die
verantwortlichen Politiker muessen die sozialen und finanziellen
Konsequenzen einer Neustrukturierung der Umsatzbesteuerung fuer
die betroffenen Verbraucher, Unternehmer und nicht zuletzt die
oeffentlichen Haushalte beruecksichtigen. Und die Idee der
Koalitionspolitiker, Umsatzsteuermehreinnahmen fuer eine
Tarifentlastung bei der Einkommensteuer zu nutzen, ginge
zulasten der Bezieher geringer Einkommen, die zwar
Sozialabgaben, aber ohnehin keine Einkommensteuer zahlen.
Abzuwarten bleibt, ob sich die Spitzenpolitiker der
schwarz-gelben Koalition am kommenden Sonntag tatsaechlich auf
die Einsetzung der bereits im Koalitionsvertrag vereinbarten
Kommission zur ermaessigten Umsatzbesteuerung verstaendigen
koennen. Denn offenbar schliessen sich nicht alle Teilnehmer des
Koalitionsausschusses dem Lob des Forschungsgutachtens durch
ihre Finanzpolitiker an.
Die SPD ist unveraendert bereit zu einer gemeinsamen Pruefung
sinnvoller Vorschlaege zur Aenderung der geltenden ermaessigten
Umsatzbesteuerung in Deutschland. Fuer etwaige Rechtsaenderungen
bedarf es angesichts der Betroffenheit auch der Laender und
Kommunen unserer Zustimmung im Bundesrat. Deshalb sollte die
schwarz-gelbe Koalition darauf achten, die Opposition
fruehzeitig in die Beratungen einzubeziehen.
Und auch wenn es eigentlich keiner Erwaehnung mehr bedarf:
Voraussetzung fuer die Unterstuetzung einer Umsatzsteuerreform
durch die SPD ist die Abschaffung der Steuerverguenstigung fuer
das Beherbergungsgewerbe.
Oder wie es die Gutachter so treffend formulierten: „Im Ergebnis
sollte die erst seit 2010 geltende Steuersatzermaessigung
umgehend beseitigt werden. Eine Rechtfertigung ist nicht
ansatzweise ersichtlich.“
© 2010 SPD-Bundestagsfraktion – Internet: http://www.spdfraktion.de