Sichere Nanotechnologien

München (pressrelations) –

Sichere Nanotechnologien

Keine Kleinigkeiten

Die Nanotechnologie ist eine Querschnittstechnologie mit breitem Anwendungspotenzial für verschiedene Industrien. Doch wenn sich Forschung, Gesetzgebung und neue Anwendungsbereiche für diese Technologien entwickeln, muss auch die Risikobewertung angepasst werden.

Allianz Global Corporate Specialty
München, 15.10.2009

Im Interview erklärt Michael Bruch, Risikoexperte des Allianz Zentrums für Technik, Chancen und Risiken von Nanotechnologien der nächsten Generation.

Wie weit ist die Forschung im Bereich der Nanotechnologie wirklich?

Michael Bruch: Die Nanotechnologie ist als Querschnittstechnologie sehr breit aufgestellt. Prognosen für den Weltmarkt der Nanotechnologie reichen von 310 Milliarden bis 4000 Milliarden US-Dollar im Jahr 2015.

Viel Forschungsaufwand ist nötig um, bestimmte Nanopartikel für gezielte Anwendungen im industriellen Maßstab herzustellen. Dieser ist weitaus größer, als man ursprünglich geglaubt hat. Bisher wurden die erhofften revolutionären Technologiesprünge noch nicht realisiert.
In welchen Industrien wird die Nanotechnologie denn bereits eingesetzt?
Beispielsweise, werden in Lithium-Ionen Akkus der modernen Laptops Kohlenstoff-Nanoröhren eingesetzt. In der Medizin hilft sie, Tumorzellen abzutöten, im Automobilbereich sorgt sie für kratzfeste Lacke, aber auch als UV-Schutz in der Kosmetikindustrie oder für selbstreinigende Textilien.
Die Nanoelektronik in Deutschland wird jährlich mit mehreren 100 Millionen Euro gefördert. Setzt die Politik hier am richtigen Hebel an?
Öffentliche Förderinvestitionen steigen und belaufen sich auf etwa vier Milliarden US-Dollar weltweit jährlich. Die USA, Japan und die EU sind führend, aber Märkte wie Russland und Südostasien ziehen nach. Die Forschungsgelder für effizientere Energietechniken sind gut investiert. Für 2012 ist ein Nanoenergietechnikzentrum in Deutschland geplant, das die Forschung in der Nanotechnologie und Energietechnik kombiniert.
Erfolgt bereits eine Gesetzgebung zum Einsatz von Nanotechnologie auf EU- oder nationaler Ebene?
Auf Gesetzesebene findet ein Wandel statt. Bisher gab es keine nanospezifischen Änderungen oder Ergänzungen der Gesetze. Die neue EU-Kosmetikverordnung fordert, dass ab 2012 bestimmte Nanopartikel in Kosmetika Sicherheitstests unterzogen werden müssen. Ähnliche Tendenzen erwarten wir im Lebensmittelbereich.

Was macht die Allianz, um bei dem Thema auf dem Laufenden zu bleiben und die Risiken angemessen bewerten zu können?
Wir haben mit unseren Kollegen ein internetbasiertes Frühwarnsystem aufgebaut. Hier sammeln, analysieren und bewerten wir Beiträge zur Nanotechnologie, die weltweit veröffentlicht und diskutiert werden. So informieren wir unsere Kollegen aus dem Risk Consulting und Underwriting regelmäßig.
Wir unterstützen und beraten unsere Kunden gerne, wenn sie Fragen zum sicheren Umgang oder zur Weiterverarbeitung von Nanomaterialien haben. Bei der Risikobewertung sind nanobasierte Grundstoffe oft nur ein kleiner Ausschnitt aus dem gesamten Produktportfolio. Eine Risikobewertung setzt daher im Risiko- und Sicherheitsmanagement des Unternehmens an.

Zurzeit gibt es keinen Anlass, bestimmte Bereiche der Nanotechnologie aus Versicherungen auszuschließen. Dies kann immer nur das letzte Mittel eines Versicherers sein, um die Öffentlichkeit, seine Kunden und sich vor untragbaren Risiken zu schützen.
Sie engagieren sich im Projekt „NanoCare“ gemeinsam mit Universitäten, Forschungsinstituten und der Industrie. Was genau ist das Ziel des Projekts?
NanoCare ist ein vom Bundesforschungsministerium gefördertes Projekt und forscht über ein Konsortium aus Industrie und Wissenschaft intensiv auf dem Gebiet möglicher gesundheitlicher Auswirkungen von Nanopartikeln.
Wie stehen Sie zu einer Kennzeichnungspflicht für Produkte, die Nanomaterialien beinhalten?
Sie erhöht die Transparenz. Käufer können sich bewusst für oder gegen ein bestimmtes Produkt entscheiden. Bereits heute sieht der informierte Verbraucher an den Inhaltstoffen Zinkoxid oder Titanoxid in der Sonnencreme, dass es sich um Nanopartikel handelt. Aber in Zukunft muss hinter den Stoffen in Klammern „Nano“ stehen. Eine Kennzeichnung ist nur sinnvoll, wenn positive Eigenschaften (etwa Blauer Engel für emissionsarme Produkte, Stiftung-Warentest-Siegel) ausgezeichnet werden oder ein Warnhinweis ausgesprochen wird (beispielsweise Gefahrstoffsymbole). In jedem Fall muss parallel zur Kennzeichnung ein Risikodialog geführt werden, den wir als Versicherer begrüßen.
Wie sieht die Zukunft der Nanotechnologie aus?
Keine Technologie ist ohne Risiken und wir können diese nie hundertprozentig bewerten. Es kommt darauf an, die Gefahren über den gesamten Produktlebenszyklus eines Nanoprodukts von der Herstellung über den Gebrauch bis hin zur Entsorgung besser zu verstehen, zu bewerten und Risikotransferlösungen zu schaffen.

Ergebnisse aus Forschungsprojekten, wie Nano-Care, sind immens wichtig. In zehn bis fünfzehn Jahren werden wir das Wort „Nanotechnologie“ nicht mehr oft hören. Sie wird uns dann in fast jedem Produkt in irgendeiner Form begegnen. Wenn Nanopartikel in fester Matrix gebunden sind, sind sie meist unbedenklich. Es gilt, die Restrisiken einzuschätzen, das Nutzen-Risikoprofil offen zu diskutieren und zu bewerten. Dies schafft Vertrauen ? und das ist die Basis für die Akzeptanz einer Technologie.

Diese Aussagen stehen, wie immer, unter unserem Vorbehalt bei Zukunftsaussagen, der Ihnen oben rechts zur Verfügung gestellt wird.

Kontakt für Presse
Richard Manson
Allianz Global Corporate Specialty
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