LINK: Zahlreiche deutsche Minister fehlen zu oft im Brüsseler Ministerrat – schwache deutsche Interessensvertretung im wichtigsten EU-Organ

(BSOZD.com-NEWS) Berlin. Zur Antwort der Bundesregierung auf seine Anfrage bezüglich der Häufigkeit der Teilnahme deutscher Minister an den Ministerratstagungen der EU erklärt der FDP-Europapolitiker und Koordinator der FDP-Bundestagsfraktion für EU-Vorlagen Michael LINK:

Die Präsenz deutscher Fachminister in einigen wichtigen Ministerräten der EU lässt stark zu wünschen übrig. So hat z.B. der bisherige Landwirtschaftsminister Seehofer nur an 18 von 32 seit Amtsantritt der Bundesregierung stattgefundenen Agrarministerräten teilgenommen und sich bei den anderen Sitzungen durch einen beamteten Staatssekretär vertreten lassen. Angesichts der enormen Gelder, die in die EU-Agrarförderung fließen, und angesichts Deutschlands Stellung als größter EU-Beitragszahler ist das eine sehr schwache deutsche Präsenz. Kein noch so guter Beamter kann bei kritischen Verhandlungen einen Minister ersetzen, der mit ganz anderem Gewicht auftreten kann.

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Der Ministerrat der EU ist die wichtigste Entscheidungsebene in der EU. Er ist gegenwärtig stärker als das Europäische Parlament, das in einigen sehr teuren Bereichen wie z.B. der Gemeinsamen Agrarpolitik (45 Prozent des EU-Budgets) noch immer kein Mitspracherecht hat. Bei der derzeitigen Agrarreform – dem so genannten „Gesundheitscheck“ – geht es um Gelder in Höhe von 53 Milliarden Euro, der größte EU-Einzelhaushalt überhaupt. Umso schädlicher für die Wahrnehmung deutscher Interessen, dass viele deutsche Minister nicht regelmäßig nach Brüssel fahren und sich kein eigenes Einflussgeflecht aufbauen.

Auch Wirtschaftsminister Michael Glos und Forschungsministerin Annette Schavans europäische Präsenz ist schwach: Sie besuchten nur 7 von 12 Sitzungen des Rats für Wettbewerbsfähigkeit.

Und selbst der wichtige ECOFIN-Rat sah bei nur 20 von 27 Sitzungen die Präsenz von Finanzminister Peer Steinbrück. Insgesamt sieht die deutsche Ministerpräsenz in Brüssel schwach aus. Seit Amtsantritt der so genannten Großen Koalition (November 2005) waren deutsche Fachminister wie folgt bei den Sitzungen der Fachministerräte vertreten:

Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen: 30 von 32
Wirtschaft und Finanzen (ECOFIN): 20 von 27
Justiz und Inneres: 18 von 19
Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucher: 8 von 11
Wettbewerbsfähigkeit (Binnenmarkt, Industrie und Forschung): 7 von 12
Verkehr, Telekommunikation und Energie: 12 von 16
Landwirtschaft: 18 von 32
Umwelt: 11 von 12
Bildung, Jugend und Kultur: 3 von 8

Bei Fehlen des Ministers erfolgte laut Antwort der Bundesregierung die Vertretung durch Staatssekretäre, Abteilungsleiter oder Spitzenbeamte der deutschen EU-Vertretung. Die einwandfreie professionelle Qualität dieser Vertreter bezweifle ich nicht. Allerdings bezweifle ich massiv, dass Deutschland angesichts solch häufiger Ministerabwesenheit mit dem nötigen Gewicht im Ministerrat auftritt. Andere Länder machen das wesentlich besser. Der Rat ist das entscheidende Forum zur Wahrnehmung deutscher Interessen in Brüssel. Präsenz bei den Ratstagungen sollte für die deutschen Minister Pflicht sein.

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